Als mein Vater mich mit neun Jahren das erste Mal 2005 mit in ein Bundesligastadion nahm war die Freude groß. Ein kleiner Junge, der euphorisch auf den Rängen Platz findet und versucht jeden Reiz aufzusaugen.
Fast unmöglich bei so vielen verschiedenen Eindrücken. An diesem Tag hat der Fußball endgültig mein Herz gewonnen. Mit dem Alter wuchs der Blickwinkel und damit begleitend auch die Sorge um etwas, das man sehr zu schätzen gelernt hat. Der Fußball ist definitiv an einem Punkt angekommen, der Fragen aufwirft und unbeantwortet lässt.
Wachsende Kommerzialisierung – schon seit 1973
Es hat klein angefangen und bewegt sich in eine beunruhigende Richtung. Erste Anzeichen hat es bei der Einführung der Trikotwerbung 1973 von Eintracht Braunschweig gegeben. Schon damals waren die Fans nicht begeistert, aber als ein paar Jahre ins Land gingen, konnte darüber hinweggesehen werden. Heute sind zusätzlich die Ärmel bedruckt – ein Schritt auf dem Weg zu 22 kickenden Werbetafeln. Vereine geraten aufgrund ihrer Sponsorenverträge immer häufiger in die Kritik. Die Inszenierung und Positionierung auf dem Markt steht über allem. In der Saison 1992 war Premiere der Vorreiter und kaufte sich die TV-Rechte für die Bundesliga. Fluch und Segen zugleich: Endlich war es möglich, ganze Spiele seines Vereins live mit zu verfolgen. Eine tolle Sache, die aber ihren Preis hat. Wenn man heutzutage das gesamte TV-Fußballpaket abdecken möchte, sind drei verschiedene Abonnements vonnöten. Der Spaß kostet insgesamt circa 50 Euro monatlich - sprich 600 Euro im Jahr. Das kann sich definitiv nicht jeder leisten. Bei dem Preispoker können die öffentlichen Sender, wie ARD und ZDF, nicht mithalten. Von Jahr zu Jahr variieren nun die Anbieter und Preise. Der Fußball verkauft sich selbst und es wird leider hingenommen. Viele Fans sind mit dem Herzen dabei und nehmen diese Kosten in Kauf. Doch wer bin ich, jemandem einen Vorwurf zu machen, der Geld für seine Leidenschaft ausgibt?
Montagsspiele und Relegationen als zusätzlcíche Verkaufsmöglichkeiten
Manche Fans wehren sich glücklicherweise. Stimmungsboykott ist in deutschen Stadien an der Tagesordnung. Mit Erfolg! Alle Bundesligavereine haben sich gegen die Montagsspiele ausgesprochen, sodass dem DFB keine Wahl blieb und diese in der ersten und zweiten Liga in Zukunft abgeschafft werden. Das Interesse der Vereine liegt nicht mehr bei den Fans, sondern beim Profit. Es sei denn, es ist geplant den Montag als zusätzlichen Wochenendtag einzuführen. Es ist vielmehr eine Vermarktung und Selbstdarstellung, bei der die kleinen Clubs fast ohne Chance bleiben. Beispiel Relegation: Ein Zweitligist spielt eine nahezu perfekte Saison, verpasst um ein Haar den direkten Aufstiegsplatz und muss in die Relegation. Auf der anderen Seite ein Erstligist, der eine miserable Saison spielt und bestenfalls noch wegen eines besseren Torverhältnisses auf dem Relegationsplatz landet. Das ist wie als wenn ich meinem Hund ein Stück Wurst hinhalte und es dann im letzten Moment vor seinen Augen selbst esse. Jedoch lässt sich die Relegation super vermarkten, was natürlich lukrativer ist als einen Aufsteiger und Absteiger mehr festzulegen, wie es sonst in fast allen europäischen Ligen üblich ist. Wie die Süddeutsche Zeitung so schön sagt: “Die Relegation ist ein Fallschirm für privilegierte Klubs“.
Wo ist die Grenze?
Liebe Fußballfans, wie lange wird dieser Wandel noch toleriert?
Erste Schritte gegen die Kommerzialisierung sind in den deutschen Stadien zu beobachten, jedoch muss es mehr werden. Wenn man sich daran zurückerinnert: Das erste Mal im Stadion, das erste Mal die eigenen Fußballschuhe an den Füßen. Jahrzehnte sind vergangen, die Jugendliebe ist weg. Es schleicht sich dieses Gefühl ein, dass man etwas lang geschätztes Jahr für Jahr immer weniger wertschätzt. Wenn man sonntags, anstatt ins Stadion auf den Kreisligaplatz nebenan geht, sieht man zwar keinen besseren Fußball - im Gegenteil. Man sieht wieder wieso man angefangen hat, diesen Sport und alles drumherum mit so viel Leidenschaft zu verfolgen.
