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Politik und Debatte - Landwirtschaft, Agrarpaket, Traktordemos Traktordemos – Was die Bauern bewegt

Die Landwirte sind wütend. Auf die Politik. Und haben Angst. Vor allem aber fühlen sie sich ungerecht behandelt. Doch worum geht es Ihnen?

Die Landwirte fühlen sich ungerecht behandelt – und machen mit ihren Traktordemos darauf aufmerksam. (Quelle: iStock)

Eigentlich haben die meisten deutschen Bauern gar nichts gegen mehr Naturschutz. Das bestätigt eine Forsa-Umfrage unter Landwirten im April 2019. In vielen Fällen ist der Schutz der Böden zum Beispiel sogar förderlich. Vielmehr geht es ihnen darum, mitreden zu können. Mitreden über die Entscheidungen, die besonders sie betreffen. Dass sie ihr Expertenwissen einfließen und die Gefahren für die Landwirtschaft aufzeigen können.

In besonders stark belasteten Gebieten erlaubt die neue Düngeregelung nun 20 Prozent weniger Düngemittel als zuvor. Dadurch geben viele Pflanzen im Schnitt fünf Prozent weniger Ertrag, so Bernhard Osterburg vom Thünen-Institut. Bei ohnehin niedrigen Verkaufspreisen kann schon das für manche Betriebe ein Problem sein. Das größere Problem für die Bauern ist allerdings, dass sie im nächsten Jahr den Düngebedarf für dieselbe Fläche anhand des Ertrags aus dem Vorjahr errechnen müssen. Sprich, sie dürfen im Folgejahr noch weniger düngen als zuvor, da sie weniger ernten konnten. Außerdem fürchten sie, dass der Boden durch zu wenig Dünger von den Pflanzen ausgelaugt wird und an Fruchtbarkeit verliert.

Deshalb fordern sie Agrarministerin Julia Klöckner dazu auf, eine andere Lösung zu finden, die die Bauern weniger stark belastet und wissenschaftlich fundierter ist. Klöckner hingegen hält an ihrem Agrarpaket fest.

Ungerecht finden die Landwirte auch, dass sie darin als die einzigen Schuldigen für die Grundwasserprobleme dargestellt werden. Ungeklärt sei, ob nicht auch „zu alte und zu kleine Kläranlagen der Städte“ schuld seien, wie Niklas Schröder, selbst Landwirt, im Interview berichtet. Um sich Gehör zu verschaffen, fuhr er mit seinem Traktor nach Berlin. Insgesamt 27 Stunden Fahrtzeit brauchte er in drei Etappen. 830 Kilometer standen am Ende auf seinem Tacho, den größten Teil fuhr er im Konvoi mit vielen weiteren Landwirten. Über 8.500 trafen sich am 26. November 2019 in der Hauptstadt. Daraufhin sprach Merkel am 2. Dezember erstmals mit einigen Vertretern der Bauernverbände.

 

„Unser Ziel war es, in den Dialog zu treten“, so Schröder weiter. „Da man jetzt mit uns redet, sind erstmal keine weiteren großen Traktordemos geplant. Neben der Politik seien auch die Bürger der Republik zur Zufriedenheit auf die Landwirte aufmerksam geworden. Die meisten Reaktionen, die die Bauern auf ihren Fahrten sehen konnten, waren positiv.

Die Maßnahmen wurden im November auf Druck der EU beschlossen. Diese drohte der Bundesrepublik mit Strafzahlungen von über 800.000 Euro pro Tag, sollten die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser nicht eingehalten werden. Dafür verklagte die EU-Kommission Deutschland schon 2018 erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof. Nun hoffen die Landwirte auf eine Einigung, mit der die Zielwerte auf andere Weise erreicht werden können und sie weiterhin ihre Felder wie gewohnt Düngen dürfen.