„Das Internet ist für uns alle Neuland.“ So unglücklich äußerte sich Angela Merkel im Juni 2013 über das umstrittene Überwachungsprogramm „Prism“. Dafür erntet die Bundeskanzlerin bis heute viel Spott. Dass sie mit diesem Satz eigentlich nur ausdrücken wollte, dass erst noch eine Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gefunden werden muss, ist völlig untergegangen. Heute, fünf Jahre nach dieser Aussage, spielt die Digitalisierung eine größere Rolle als je zuvor. Das weiß auch die Politik. Daher ist es kaum überraschend, dass es zur Bundestagswahl 2017 in einigen Parteiprogrammen zum Thema wurde. Oftmals jedoch in keinem zufriedenstellenden und ausreichenden Maße, wie das „Manager Magazin“ titelte. So gab es beispielsweise auch im TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz keine einzige Frage zur Digitalisierung. Und das, obwohl diese Zukunftsthematik immer mehr an Bedeutung gewinnt und die Politik dabei oberster Entscheidungsträger ist. Kann man also wirklich sagen, dass die Digitalisierung in Deutschland noch ‚Neuland‘ ist?
Eine mangelhafte Digitalpolitik
Schaut man sich im Internet nach einer Definition um, wird man unter anderem auf wissensdialoge.de fündig: „Digitalisierung beschreibt, grob gesagt, die Umwandlung analoger Werte oder Daten in ein digital nutzbares Format.“ Und das in unterschiedlichen Lebensbereichen. Dass dieser Umwandlungsprozess in Deutschland bisher eher schleppend vorangeht und die Digitalpolitik noch viele Mängel aufweist, zeigt sich an der schlechten Mobilfunk- und Internetabdeckung, speziell im ländlichen Raum. Auch die digitale Versorgung, beispielsweise von Unternehmen, Ämtern und Bildungseinrichtungen, ist nicht ausreichend. Dies unterstreicht die mäßige Platzierung im OECD-Bericht: Deutschland befindet sich im internationalen Vergleich nur im hinteren Mittelfeld. Vorreiter dagegen sind die skandinavischen Länder, die USA und Südkorea.
Was aber hemmt die Entwicklung hierzulande? Fehlende fortschreitende Technologien wohl kaum; 3D-Druck oder auch Virtual Reality stehen vor dem Durchbruch, wie eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt. Stattdessen mangelt es Deutschland bisher an einer ausreichenden, auf Digitalisierung ausgelegten Infrastruktur. Des Weiteren schränkt die Gesetzeslage die digitale Entwicklung ein. Diese ist, bezogen auf den Datenaustausch, besonders eng gehalten. Hier schließt sich auch ein Kreis; die Politik gibt strenge Regelungen bezüglich des Datenschutzes und der Digitalisierung vor, muss aber gleichzeitig offen und bereit sein, mit dem digitalen Aufschwung zu gehen.
Die Politik muss handeln
Einig sind sich die Parteien bei dem flächendeckenden Breitband- und Glasfaserausbau, der bis 2025 kommen soll. CDU, FDP und Grüne fordern außerdem ein eigenes Ministerium mit Minister für Digitalpolitik. Auch in der Bildung soll einiges getan werden. So wünschen sich CDU, SPD und die Liberalen neben einer verbesserten digitalen Ausstattung auch eine stärkere Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte in diesem Bereich. Den Fokus auf die Verbreitung der „Industrie 4.0“, der vierten industriellen Revolution, legen vor allem CDU, Grüne und die Sozialdemokraten. Gleichzeitig wollen sie Start-up-Unternehmen mehr Unterstützung bieten. Überall zugängliches, freies WLAN wollen die FDP und die Linke in den kommenden Jahren verwirklichen. Dass es dabei auf eine möglichst schnelle Änderung der Gesetze ankommt, die all diese Forderungen zulässt, merken speziell SPD, FDP, Grüne und Linke an.
Fest steht, dass die Politik zum einen die Rolle des „Türöffners“, zum anderen die Rolle des Unterstützers innehat und diese auch vollends annehmen muss. Die Regierung legt den Grundstein für all das, was mit der Digitalisierung in den nächsten Jahren noch kommt und bestimmt, was davon in Deutschland zugelassen und verwirklicht werden kann. Wichtig dabei ist, dass sich die Parteien dieser Verantwortung endlich bewusst und ihr dementsprechend gerecht werden. Nur so kann eine kontinuierliche digitale Entwicklung in Deutschland gesichert werden.
